Regen und Sonne in Montenegro
- Ursina Candraja
- 17. Mai 2024
- 5 Min. Lesezeit
Für die Fahrt durch das kleine Land Montenegro standen uns vier Tage zur Verfügung. Leider zeigten unsere Wetterapps für die ersten zwei Tage mehr Regen als Sonnenschein. Da weder das Meer noch die Berge bei schlechtem Wetter wirklich Spass machen, legten wir trotz beschränkter Zeit zuerst eine Pause ein und absolvierten danach einen kleinen Sightseeing-Marathon in der wunderschönen Bucht von Kotor und bewunderten im Nationalpark Lovcen das Land von oben.
Regentage
Im Regen passierten wir die Grenze nach Montenegro und obwohl wir am Morgen in Albanien schon eine rechte Strecke gefahren waren, beschlossen wir die Fahrzeit nochmal zu verlängern, da wir bei diesem Wetter die herausgesuchten Schlafplätze in der Nähe der Hauptstadt Podgorica sowieso nicht hätten geniessen können. Zum Glück sind auch längere Autofahrten mit unseren Jungs überhaupt kein Problem. Italienischwörter lernen und Rechenreihen aufsagen gehören dabei allerdings nicht gerade zu ihren Lieblingsbeschäftigung, aber Hörspiele können sie danach stundenlang hören und dank ihren Kopfhörern müssen wir auch nicht zum gefühlt hundertsten Mal die Spässe vom Pumuckl und die Fälle der drei ??? mithören. Gamen und Videos haben wir bisher geschafft auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, da es einfach schade ist, wenn sie von den verschiedenen Landschaften nichts mitbekommen und solange es etwas Spezielles bleibt ist, kann es auch als Belohnung (oder Druckmittel...) eingesetzt werden. Gemeinsame Spiele wie „Wer sieht zuerst eine Katze, einen Abfalleimer, einen Bagger etc.“ oder „Wie viele Landesflaggen zählen wir auf der Fahrtstrecke?“ lassen die Zeit auch schneller vergehen und man entdeckt dabei immer wieder etwas Spannendes. So sahen wir bis auf einen kurzen Fotostopp über der schönen Flussschleife von Rijeka Crnojevica und einen Zwischenhalt an einem Geldautomaten (um unser Portemonnaie wieder mit Euro zu füllen) Montenegro am ersten Tag nur aus dem Auto. In Montenegro lag zwar immer noch an vielen Orten Abfall neben der Strasse, aber es wirkte deutlich gepflegter und wohlhabender als Albanien und grosse Geschäfte und Filialen bekannter Fast Food Ketten säumten plötzlich die Strassenränder.

Da der Regen weder am Abend noch am nächsten Morgen aufzuhören schien und auch noch Blitz und Donner erwartet wurden, wählten wir einen Schlafplatz, der auch für das Worstcase-Szenario, dass wir die Nacht nicht im Dachzelt verbringen können, geeignet war. Dieser Fall ist zwar bisher auch in den stürmischsten Nächten noch nicht eingetreten, aber irgendwann ist ja immer das erste Mal. Wir entschieden uns für einen Campingplatz mit einem überdachten Aussenbereich und einem Aufenthaltsraum, der sogar noch zwei kleine Hüttchen als Übernachtungsmöglichkeit anbot. Die Hüttchen mussten wir nicht in Anspruch nehmen, aber den Aufenthaltsraum mit Kochgelegenheit und grossem Esstisch nutzten wir als Lern-, Arbeits-, Koch-, Ess-, Abwasch- und Spielzimmer. Wir verzweifelten an einer Video-Idee für Instagram, wofür wir, glaube ich, einfach zu alt sind. Aus Frust öffneten wir eine Flasche Wein, für welche wir an einem Strassenstand viel zu viel bezahlt hatten, und führten die Jungs bis tief in die Nacht in die hohe Kunst des Jassens ein. Als sich das Gewitter soweit beruhigt hatte, dass wir keinen Blitzeinschlag mehr in unser Dachzelt zu befürchten hatten, schliefen wir mit dem Geplätscher der Regentropfen ein, bis es gegen Morgen so stark wurde, dass wir uns schon riesige Hagelkörner vorstellten. Aber es tönte bedrohlicher, als es tatsächlich war. Am nächsten Morgen stand unser Auto allerdings vorne und hinten beinahe im Wasser, da der grosse Stellplatz, an dessen Rand wir standen, keine Wiese mehr sondern ein Teich war. Den Kofferraum konnte ich nur noch in den Gummistiefeln meines Grossen öffnen, der mich zumindest bei der Schuhgrösse schon eingeholt hat. Nach einer Gänse-, Frosch- und Schlangen-Safari auf dem Campingplatzgelände machten wir uns auf den Weg endlich mehr von Montenegro zu erkunden.
Sonnentage
Den ersten Zwischenhalt legten wir bei der fotogenen Insel Sveti Stefan an, einem ehemaligen Fischerdorf, das nach dem Zweiten Weltkrieg jugoslawischen Kommunisten als Luxusresidenz diente und später von einer Hotelkette gepachtet und ein exklusives Urlaubsziel für die High Society wurde. Zurzeit ist die Anlage geschlossen.
Von dort ging es weiter zur wohl meist besuchten Sehenswürdigkeit von Montenegro, der malerischen Bucht von Kotor, aus der die steilen Hänge der umliegenden Hügel in die Höhe ragen und in welcher Yachten, Segelschiffe und grosse Kreuzfahrtschiffe anlegen. Kotor ist bekannt für seine Katzen, von denen es zwar nicht viel mehr hatte als in den griechischen Städten, aber dafür umso mehr Touristen, die mit Audioguides ausgestattet ihren fahnenschwingenden Führern hinterher trotteten. Die Stadt hat aber trotzdem ihren Charme bewahrt und wir genossen es mit einem Becher Glace durch die Gassen der prächtigen Altstadt zu schlendern. Auf den einstündigen Aufstieg zur Burg verzichteten wir, da wir im Anschluss die Serpentinenstrasse in Richtung Nationalpark Lovcen hochfahren wollten und auf der Strecke mehrere schöne Aussichtspunkte einen fantastischen Ausblick auf die Bucht ermöglichen.
Ich hatte im Nationalpark Lovcen ein paar Schlafplätze herausgesucht und wie so häufig war der Letzte der Beste. So lautet die Devise bei uns meistens: „Weiterfahren hat sich immer noch gelohnt.“ Und wie es auch häufiger vorkommt, waren wir nicht alleine mit unserer Auswahl und auf unserem vielversprechend aussehenden Platz stand bereits ein Bus. Es ist schön die Natur alleine geniessen zu können, aber manchmal ist etwas Gesellschaft auch ganz nett und wir haben schon viele spannende Bekanntschaften gemacht und die verschiedensten Reise- und Lebensmodelle kennengelernt. Jedenfalls hatten wir dieses Mal auch Glück und verbrachten einen gemütlichen Abend an unserem ersten Lagerfeuer dieser Reise mit einem Berliner Pärchen und ihrem Hund. Wie wir waren sie zuerst in den Süden gefahren um in ein paar Monaten ebenfalls am Nordkap anzukommen. Sie versorgten uns mit Marshmallows in Herzchenform und Tipps rund um Berlin. In der kalten Nacht beneideten wir sie ein wenig um ihren Bus, aber sie waren am nächsten Morgen auch durchgefroren, da sie auf Rücksicht auf uns, aber auch auf sich selbst, ihre laute Standheizung über Nacht ausgeschaltet hatten. Wir geben es ja zu, dass wir bei schlechtem Wetter schon mal neidisch auf die vielen Büschen-, Camper- und Wohnwagen-Besitzer sind, aber sonst geniessen wir das Leben draussen und verstehen nicht, wie gewisse Camper einen Schlafplatz aufsuchen können ohne auch nur ein einziges Mal aus ihrem Gefährt auszusteigen, was wir tatsächlich immer wieder beobachten.
Am Morgen blieben wir alle liegen bis die Sonne zum Vorschein kam, aber machten uns schon bald auf den Weg zum Njegos Mausoleum mit einem fantastischen Aussichtspunkt dahinter. Bei klarer Sicht kann man von dort nicht nur auf die Bergwelt von Montenegro, sondern bis nach Albanien, Italien und Kroatien hinunterschauen. Trotz blauem Himmel war es bei uns dafür leider zu dunstig. Bevor das Verkehrschaos unterhalb des Mausoleums noch grösser wurde, fuhren wir die enge Strasse in Richtung Bucht von Kotor wieder hinunter.
Am Ufer der Bucht von Kotor machten wir im hübschen, autofreien Städtchen Perast den letzten Halt in Montenegro. Besonders gefallen hat uns die Promenade mit den vielen Cafés und Restaurants, deren Tische direkt am Meer stehen. Mit Booten, die rege hin und her fahren, kann eine der zwei kleinen vorgelagerten Inseln besucht werden, welche auf Schiffwracks und Steine aufgeschüttet wurde und eine kleine Kirche beherbergt. Wir schauten uns die Insel statt mit dem Boot mit der Drohne von Näherem an und verliessen kurz darauf Montenegro bei strahlendem Sonnenschein.
































































