Zusammenleben in Bosnien und Herzegowina
- Ursina Candraja
- 23. Mai 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Sept. 2024
Obwohl wir Bosnien und Herzegowina über die 2022 eröffnete Peljesac-Brücke in Kroatien hätten umfahren können, wählten wir eine Route die uns wenigstens für eine Stippvisite in dieses Land führte. Wir liefen über die berühmte, geschichtsträchtige Brücke von Mostar und die Jungs schwammen eine Runde im Naturbecken der Kravica Wasserfälle.

An der bosnischen Grenze wurden wir das erste Mal mit einem Lächeln von einem Grenzbeamten willkommen geheissen. Die Konversation, die er mit seinem Kollegen während der Ausweis-Kontrolle führte, und die angebissene Schokolade vor ihm waren an seiner guten Laune wahrscheinlich mitbeteiligt. Es ging entspannt weiter und wir fuhren durch weitgehend unbebautes Land nach Mostar. Auf dem Weg trafen wir bis auf eine Schildkröte, welche gemächlich die Strasse überquerte, nur wenige Autos. Zur Sicherheit halfen wir der kleinen Schildkröte aber trotzdem auf die andere Strassenseite.
Mostar
Um uns die Parkplatzsuche in Mostar zu ersparen, fuhren wir direkt auf den Campingplatz Neretva, wo wir ebenfalls freundlich empfangen wurden. Von dort konnten wir zu Fuss in ca. 30 Minuten das Zentrum erreichen. Auf dem Weg zum Wahrzeichen der Stadt, der „alten Brücke“ Stari Most, fielen uns an mehreren Orten löcherige Fassaden und zerstörte Gebäude auf, welche uns noch dreissig Jahre nach dem Bosnienkrieg seine Spuren erkennen liessen. Trotz Sonnenschein und friedlicher Stimmung löste der Anblick der Kriegsnarben bei mir ein ungutes, beklemmendes Gefühl aus und die Grausamkeit und Sinnlosigkeit eines Krieges waren für mich nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar. An der Strasse sassen mehrere bettelnde Männer und Frauen mit beinahe leblos wirkenden Kindern im Arm. Viele Bettler waren uns auf unserer Reise noch nicht begegnet. Unsere Kinder hätten am liebsten allen ein Geldstück gegeben, was ein schöner Gedanke, aber leider auch nicht die Lösung ist oder die Probleme in einigen Fällen sogar noch verstärkt. Wir diskutierten mit ihnen darüber ohne selber das richtige Handeln genau zu kennen und im traurigen Wissen, dass das Arm-Reich Gefälle immer bestand und immer bestehen bleiben wird und ein grosser Teil der Menschheit leider auch gar kein Interesse daran hat etwas daran zu ändern.
Rund um die Brücke von Mostar waren die Gassen belebter. Touristen und Einheimische stöberten durch den orientalischen Basar, liessen sich in den Restaurants mit bosnischem Essen verwöhnen und fotografierten das Wahrzeichen von Mostar von allen Seiten. Auf ein Foto mit einem der bekannten Brückenspringer warteten wir allerdings vergeblich. Es brachte sich zwar mehrmals ein Springer in Position, aber anscheinend waren die Touristen dann doch nicht bereit den Sprung ausreichend zu finanzieren. Die Brücke, welche im Bosnienkrieg komplett zerstört und danach wieder aufgebaut wurde, ist nicht nur eine bauliche Meisterleistung, sondern gilt als Symbol für die Verbindung von Ost und West. Sie verbindet den eher muslimisch geprägten mit dem mehrheitlich katholischen Ortsteil von Mostar. Wie gut das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Bosnien und Herzegowina tatsächlich funktioniert, können wir nach unserem Kurzbesuch nicht beurteilen. Wir hoffen aber, dass die Brücke ihrer Bestimmung den Frieden zu bewahren und den Zusammenhalt zu fördern weiterhin nachkommt und die Mahnmale an Hausfassaden die einheimische Bevölkerung zusätzlich davor bewahren die schrecklichen Zeiten eines Krieges nochmal aufleben zu lassen.
Nicht nur in der Stadt muss das Zusammenleben klappen, sondern auch auf den Campingplätzen. Vor dem Besuch von Mostar stand unser Auto noch alleine auf dem unteren Teil des Campingplatzes am Fluss, aber bei unserer Rückkehr waren wir umringt von kleinen, tschechischen, etwas klapprigen Geländefahrzeugen mit Dach- und Bodenzelten, welche zeitgleich mit hundert anderen Offroadern einen Balkanroadtrip machten. Da wir ein kleines Video unseres familiären Zusammenlebens drehen wollten, kam uns diese Truppe gerade etwas ungelegen und wir suchten uns einen neuen Platz am Rand. So konnten wir trotzdem ein paar Aufnahmen unseres Dachzelt-Alltags und unserer Outdoor-Küche machen, wofür wir extra verschiedenfarbiges Gemüse und sogar noch eine Ananas zur Dekoration gekauft hatten. Ausser einem Schnitt in den Finger beim konzentrierten Karottenschneiden verlief der Abend und die Nacht trotz anfänglicher Bedenken vollkommen ruhig. Camper sind meistens zum Glück ein recht offenes, tolerantes und rücksichtsvolles Volk, so dass wir auf unserer Reise bisher tatsächlich nur erfreuliche Bekanntschaften gemacht haben und sogar schon des öfteren von unseren Mitcampern positiv überrascht wurden.
Kravica Wasserfälle
Nur etwa 100 m von den Kravica Wasserfällen entfernt bietet sich auf einer grossen Wiese am Fluss eine wunderbare Möglichkeit zum Übernachten. Von dort konnten wir die Wasserfälle auch am späten Abend und frühen Morgen ohne badende Tagestouristen besuchen und fast alleine bewundern.

Neben den beeindruckenden Wasserfällen ist der Schlafplatz am Fluss ebenfalls sehr idyllisch. Der gross gewachsene, herzliche Platzwart kassierte nicht nur eine kleine Gebühr für die Übernachtung, sondern machte am Abend auch noch eine Runde mit seiner Kühlbox und offeriert allen seinen Gästen einen Schnaps oder einen Likör als kleinen Schlummertrunk. Obwohl bis am Abend alle direkten Uferplätze belegt wurden, herrschte auf dem Platz und in unserer Familie eine friedliche Stimmung. Patrick konnte die Wasserfälle mit der Kamera und der Drohne in unterschiedlichem Licht und mit verschiedenen Belichtungszeiten festhalten. Allerdings mussten wir später am Laptop leider feststellen, dass die Drohne nach ihrer Reparatur zwar wieder flog, fotografierte und filmte, aber die Kamera nicht mehr zuverlässig scharf stellte und die meisten Aufnahmen unbrauchbar waren. Unser Drohnen-Problem ging also in die zweite Runde. Die Jungs versuchten im Teamwork einen Fisch zu fangen, wobei D.C. Löcher grub um darin nach Würmern zu suchen und A.C. mit seiner (beim Fischen) unglaublichen Ausdauer die Angel bis spät in den Abend auswarf. Ich arbeitete währenddessen an einem Blogbeitrag, aber danach liessen wir den Tag wieder gemeinsam an unserem zweiten kleinen Lagerfeuer ausklingen. Unser tägliches, 24-stündiges Zusammenleben funktioniert erstaunlich gut und ist entspannter als Zuhause, wobei natürlich jeder von uns auch unterwegs bessere und schlechtere Tage hat. Langsam merkten wir aber alle, dass nach den zahlreichen Erlebnissen und Eindrücken die Zeit für eine Pause gekommen war. Da kam es uns sehr gelegen, dass unsere Reiseroute uns wieder nach Kroatien zurückführte. Mit seiner zerklüfteten Küste, tausenden von vorgelagerten Inseln und kristallklarem Wasser war es das perfekte Land für ein paar Tage Urlaub vom Reisen, von denen ich euch gerne im nächsten Blogbeitrag erzählen werde.












































